Rechtliches

07.02.2023

Momentan ist das Thema Arbeitszeit wieder brandaktuell. Hintergrund ist die sogenannte Stechuhr-Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts. Hier haben wir für euch die häufigsten Fragen und Antworten rund um das Thema Arbeitszeit und Zeiterfassung zusammengetragen.

Die Stechuhr-Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Was ist die Stechuhr-Entscheidung?

Mit der Stechuhr-Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (Beschluss v. 13.09.2022, Az. 1 ABR 22/21) die Rechtsprechung des EuGHs umgesetzt und festgestellt, dass arbeitgebende Unternehmen nach Arbeitsschutzgesetz dazu verpflichtet sind, Zeiterfassungssysteme einzurichten. 

Hintergrund der ganzen Entscheidung war der Punkt, dass Deutschland bisher keine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung im Gesetz verankert hat. Der EuGH hatte festgestellt, dass die Mitgliedstaaten der EU genau dazu aber verpflichtet sind. Das führt zu dem Ergebnis, dass wir nun das deutsche Gesetz europarechtskonform auslegen und eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung hinein lesen müssen. 

Ab wann ist die Arbeitszeiterfassung Pflicht?

Eine Arbeitszeiterfassung war die ganze Zeit Pflicht. Entsprechend gibt es keinen Stichtag. Da der Gesetzgeber aber noch konkrete Vorgaben herausarbeiten möchte, kann davon ausgegangen werden, dass Unternehmen erst mal keine Sanktionen drohen. 

Wie muss die Erfassung erfolgen?

Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen müssen ein „objektives, verlässliches und zugängliches“ System einführen. Dieses muss nicht zwingend elektronisch sein. Je nach Tätigkeit und Unternehmen könnten beispielsweise auch Aufzeichnungen in Papierform ausreichen.

Grundlegendes zur Arbeitszeit

Was genau ist eigentlich Arbeitszeit?

Unter Arbeitszeit ist die Zeit zu verstehen, in der Beschäftigte ihre vertragliche Leistung erbringen. Nicht zur Arbeitszeit gehören in der Regel Ruhepausen.

Wann beginnt die Arbeitszeit?

Die Arbeitszeit beginnt formal mit dem Betreten des Firmengeländes. Der eigentliche Weg zum Arbeitsplatz gehört also mit dazu. Bei einer Zeiterfassung muss diese Zeit also streng genommen mit berücksichtigt werden. Daher bringen viele Unternehmen Stechuhren direkt am Eingang an.

Gehört der Hin- und Rückweg zum Betrieb zur Arbeitszeit?

Der Hin- und Rückweg zur Arbeit ist in der Regel Privatsache. Anders kann es aber aussehen, wenn das Unternehmen einen Mitarbeiter an einen anderen Einsatzort schickt. Dann kann, je nach konkreter Gestaltung, die Dienstreisezeit Arbeitszeit sein. 

Das gilt übrigens auch für die Suche nach einem Parkplatz. Auch Verspätungen der öffentlichen Verkehrsmittel gehen zulasten der Beschäftigten. 

Was ist mit Rüstzeit gemeint?

Unter Rüstzeit versteht man die Zeit, die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen benötigen, um überhaupt mit der Arbeit anfangen zu können. Dazu kann etwa das Hochfahren des PCs oder das Anlegen der Dienstkleidung gehören.

Zählt die Rüstzeit zur Arbeitszeit?

In den meisten Fällen gehört die Rüstzeit zur Arbeitszeit. Das gilt insbesondere für Tätigkeiten, wie etwa das Einschalten von Arbeitsgeräten. Auch das Anlegen der Dienstkleidung am Arbeitsort gehört oftmals zur Arbeitszeit, genauso wie das Umziehen am Ende des Dienstes. Das Tragen von Dienstkleidung ist nämlich in den meisten Fällen fremdnützig, nützt also nur dem Unternehmen etwas. Ob das Tragen von Dienstkleidung fremdnützig ist, hängt stark von der Auffälligkeit ab. Der Hintergedanke ist der, dass der Arbeitsweg zur Freizeit gehört und entsprechend kein Arbeitnehmer und keine Arbeitnehmerin dazu verpflichtet werden kann, in ihrer Privatzeit durch das Tragen von Kleidung ihren Beruf oder ihre Betriebszugehörigkeit Preis zu geben. 

Gehört das Duschen auf der Arbeit zur Arbeitszeit?

Während das Umziehen am Ende der Schicht mit zur Arbeitszeit gehört, sieht das bei dem Duschen in den meisten Fällen anders aus. Dieses ist nämlich gerade nicht fremdnützig, sondern dient dem Sauberkeitsempfinden der Beschäftigten. 

Pausenzeiten und Unterbrechungen

Wie lange muss insgesamt Pause gemacht werden?

Das Arbeitszeitgesetz regelt sehr genau, ab wie vielen Stunden Ruhepausen eingelegt werden müssen. So heißt es in § 4 Arbeitszeitgesetz: „Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.“ Das bedeutet, dass bei einem 8-Stunden-Arbeitstag nach spätestens 6 Stunden eine Ruhepause eingelegt werden muss. Beschäftigte, die hingegen an einem Tag lediglich 6 Stunden arbeiten, müssen gar keine Ruhepause einlegen. Ab 9 Stunden sind es sogar 45 Minuten. Die Pausen dürfen allerdings gestückelt werden. Die Zeitabschnitte dürfen dabei aber nicht kürzer als 15 Minuten sein. 

Müssen Arbeitnehmer Pausen einlegen?

Ja, das Arbeitszeitgesetz verpflichtet Unternehmen und Beschäftigte gleichermaßen. Damit dürfen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nicht einfach 8 Stunden durcharbeiten, um am Ende des Tages eher gehen zu können.

Wie lang muss eine Pause sein?

Laut § 4 Arbeitszeitgesetz muss eine Ruhepause mindestens 15 Minuten betragen. Alles darunter ist lediglich eine Unterbrechung.

Was ist, wenn eine Ruhepause unterbrochen wird?

Wird eine Ruhepause unter 15 Minuten unterbrochen, so gilt sie nicht als Ruhepause. Es handelt sich dann lediglich um eine Unterbrechung, die zur Arbeitszeit gehört. Die Ruhepause hingegen muss nachgeholt werden. 

Müssen Bildschirmpausen bezahlt werden?

Bildschirmpausen sind für das gesunde Arbeiten an Bildschirmarbeitsplätzen unverzichtbar. Sie sind allerdings lediglich Unterbrechungen und dürfen von den Beschäftigten beispielsweise für den Gang zur Kaffeemaschine oder kleine Bewegungsübrigen genutzt werden. Sie gehören zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit. 

Gehört der Toilettengang zur Arbeitszeit?

Beim Gang zur Toilette handelt es sich lediglich um kurze Unterbrechungen der Arbeitszeit und somit keine Pause. Rein rechtlich gesehen gehört der Toilettengang damit zwar nicht zur Arbeitszeit, darf aber auch nicht von dieser abgezogen werden. Das hat vor allem versicherungstechnische Folgen: Passiert auf dem Klo ein Unfall, so greift nicht die Unfallversicherung, da es sich bei dem Gang um eine reine Privatsache handelt.

Wie werden generell kleine Unterbrechungen der Arbeit eingeordnet?

Kleine Unterbrechungen gehören fest zum Arbeitsalltag: Hier ein Schluck aus der Trinkflasche, da der Gang zum Kollegen. Solche kleinen Unterbrechungen sind in der Regel nicht von der Arbeitszeit abzuziehen. 

Darf ich die gesetzlichen Pausenzeiten einfach automatisch in der Zeiterfassung abziehen?

Nein, die Zeiterfassung muss so gestaltet sein, dass die tatsächlich gearbeitete Zeit erfasst wird. Arbeiten Teammitglieder also einfach ohne Pausen durch, muss diese Zeit auch vergütet werden. 

Folgen von Verstößen

Was können Unternehmen tun, wenn die Arbeitszeiten nicht eingehalten werden?

Erbringen Beschäftigte nicht die vertragliche Arbeitszeit, oder kommen immer zu spät, dürfen Unternehmen Abmahnungen aussprechen. In letzter Konsequenz kann das Arbeitsverhältnis auch gekündigt werden. Das gilt übrigens auch dann, wenn Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Pausenzeiten nicht einhalten.

Was droht, wenn das Arbeitszeitgesetz missachtet wird?

Da das Arbeitszeitgesetz mit zum Arbeitsschutz gehört, sind die Arbeitsschutzbehörden der Länder für die Einhaltung verantwortlich. Werden Verstöße bekannt, können Bußgelder verhängt werden.

 

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